Ja, ich gebe es zu! Ich „oute“ mich als Lindenstraßen-Fan. Eine Zeit lang war es mir fast ein wenig peinlich und ich wollte es nicht wirklich öffentlich zugeben, „so etwas“ anzusehen. Mittlerweile habe ich einen anderen Blickwinkel auf die Geschichte. Es kommt etwas Nostalgie, ein bisschen Reflexion dazu. Das Lindenstraßen-Aus bewegt. Im Folgenden möchte ich Sie an meinen Gedanken zum Ende einer geliebten Serie teilhaben lassen.

Sendezeit ist Essenszeit: Wie ich zur Lindenstraße kam

Die TV-Serie ist älter als ich – sie ging 1985 an den Start. Meine Mama erzählte mir, dass sie – als ich 1986 auf die Welt kam – die Lindenstraße ab dato immer angesehen hatte, während sie mich fütterte. Mein Papa sah mit zu. Die Sendung war also eng mit dem Abendessen verknüpft. Von nun an wurde immer sonntags zur Lindenstraßen-Zeit gegessen. Das ging während meiner Kindheit und Jugend so. Sonntagsbraten und Lindenstraße – das gehörte für mich schon immer zusammen! Und auch heute noch läuft die Lindenstraße (zumindest bis zum Aus am 29.03.2020) für mich zum Abendbrot.

Die Lindenstraße als TV-Serie meines Lebens

Apropos Kindheit und Jugend: Ich bin mit der Sonntags-Tradition der Lindenstraße ja regelrecht aufgewachsen. Habe sie als Kind mit angesehen, in der Pubertät, während der Zeit von Abitur und Studium, während meiner ersten Praktika, meiner Trainee-Stelle und den ersten „vollen“ Jobs – bis hin zum Schritt in die Selbstständigkeit. Während der Sommerferien in der Schulzeit zählte ich immer, wie viele „Lindenstraßen“ noch kommen, bevor das nächste Schuljahr beginnt – während der Semesterferien an der Universität ebenso. Bis heute habe ich sogar während des Urlaubs gezählt, wie oft die Lindenstraße noch läuft, bevor es wieder in die Vollen geht.

Ich bin sozusagen mit Iffi Zenker und Klaus Beimer groß und erwachsen geworden, habe mitbekommen, wie viele Lindenstraßen-Beziehungen eingegangen wurden und wieder auseinandergingen, wie sich Ehepaare fanden und wie Kinder auf die Welt kamen.

Die Lindenstraße als das etwas andere Stück Fernsehen

Das Erfolgsgeheimnis der Serie war wohl, dass sie so authentisch war. Alle Arten von Themen wurden aufgenommen und in Geschichten aus dem Alltag verpackt – gerade dann, wenn sich andere TV-Produktionen (noch) davor drückten. Die Lindenstraße war ein Vorreiter. Hier ging es nicht nur um „Märchen“, „Fiktion“ und reines „Herzenskino“. Nein, es ging unter anderem um Familien, die aus welchem Grund auch immer keine mehr sein wollten, um Lug, Intrigen und Betrug, um Kinder, die Kinder bekamen, Männer, die Männer liebten und Frauen, die Frauen mochten. Es ging um unerfüllte Kinderwünsche, künstliche Befruchtungen, Transsexualität, um mutige Aktionen und fragwürdige Einstellungen, um Krankheiten wie Krebs, AIDS, Alkoholismus, Medikamentenabhängigkeit und Depressionen … und darum, dass Helga Beimer jedes Jahr zu Weihnachten wieder schwarze Raben gebacken hat. Oder sich ein Spiegelei machte, wenn es ihr nicht gut ging oder sie etwas belastete.

Es gab Lieblingscharaktere und Sympathieträger, polarisierende oder humorvolle Typen und natürlich auch wahre Hass-Rollen. Wie im wahren Leben – Personen, die man mochte oder eben nicht.

Die Geschichten waren nicht immer schön – genau deswegen, weil es das Leben auch nicht immer ist. Jedoch blieben sie in der Regel spannend und man wollte immer wissen, wie es weiterging.

Ende einer Ära – hätte es aber nicht doch noch weitergehen können?

Als im Herbst 2018 verkündet wurde, dass die beliebte Dauersendung im März 2020 ein Ende finden würde, waren die Lindenstraßen-Fans geschockt. Selbstverständlich fühlte es sich zu diesem Zeitpunkt noch wie eine halbe Ewigkeit an – aber wie schnell vergeht doch die Zeit … und jetzt ist er gekommen, der Zeitpunkt, von dem alle hofften, dass er nie eintreffen würde.

Ich verfolge ab und an, was die Community auf der Lindenstraßen-Facebook-Seite zu den Beiträgen und insbesondere zu den Folgen schreibt. Ganz klar wird der Tenor deutlich, dass sich die Fans gegen das Ende der Serie und damit das Ende einer Ära aussprechen. Sie loben das Konzept der Serie, das nach wie vor lebensnah ist.

Wie für mich auch, ist die Lindenstraße eine Tradition für viele. Diese wird nun gebrochen. Das mag jetzt banal klingen, da es nur um eine halbe Stunde geht, die man sicherlich für etwas anderes nutzen kann. Aber die Menschen sind Gewohnheitstiere. Viele halten eben gerne an ihren gewohnten Ritualen fest.

Da wäre es doch eine Möglichkeit gewesen, die Lindenstraße für einen der Spartensender weiter zu produzieren und die Serie dort zu zeigen. Eine weitere Idee wäre es, immer mal wieder einen Abendfilm daraus zu machen und die Geschichte in bestimmten Abständen weiterzuerzählen. Doch alle diese alternativen Ideen nützen nichts, wenn „die von ganz oben“ es nicht wollen. Schade.

Liebe Lindenstraße, Du warst ein starkes Stück TV und wirst in die Fernsehgeschichte eingehen. Es war mir ein Vergnügen! Und wer weiß… vielleicht kommt man doch in Zukunft noch einmal auf Dich zurück.

 

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Quelle Bild:
ARD / https://www1.wdr.de/daserste/lindenstrasse/service/ensemble-foto-download-100.html