Morbus Studiosi – Das Hausarbeitensydrom grassiert!

Vorwort: Um Ihnen zu zeigen, dass Schreiben gar nicht so einfach ist, habe ich hier eine kleine Geschichte für Sie. Natürlich ist sie nicht ganz ernst gemeint. Sie verdeutlicht jedoch, dass Motivation, Kreativität und ein gewisser Fluss einen guten Text bedingen.

Ich habe dieses Krankheitsbild 2009 während der Erstellung meiner Bachelor-Arbeit erfunden und musste es einfach „ausspinnen“. Damals habe ich diesen Text gebraucht, um ein bisschen Abwechslung zu bekommen und etwas zu schreiben, was nicht mit Sprachwissenschaft zu tun hat. Viel Spaß beim Lesen!
Und: Wer das Thema kennt – ich stehe gerne per Lektorat zur Seite! 🙂

Es ist wieder soweit. Die Semesterferien sind in vollem Gange und damit auch die typischen Beschäftigungen: Hausarbeiten schreiben zum Beispiel. Und nicht nur eine, sondern gleich mehrere. Literatur suchen. Auswerten. Thema einkreisen. Wie der Ochs vorm Berg stehen. Irgendwann anfangen etwas zu schreiben, um es dann gleich wieder zu löschen und als Schwachsinn abzutun. Das Ganze wieder von vorne. Es ist eine Gradwanderung zwischen Genie und Wahnsinn. Kein Wunder, dass dabei eine heimtückische Krankheit mit diversen psychischen und physischen Symptomen auftreten kann, die als Morbus studiosi bezeichnet wird. Zu Deutsch ist darunter die Studentenkrankheit oder auch das Hausarbeitensyndrom zu verstehen. Die Erkrankung existiert vermutlich schon länger (und befällt keinesfalls ausschließlich Studenten, sondern auch Schüler während Klausurenphasen oder in Zeiten der Facharbeitsabfassung), wurde nun durch Pauli entdeckt und wird folgendermaßen beschrieben:

Schleichend verlaufende Infektionskrankheit

Morbus studiosi ist eine schleichend verlaufende Infektionskrankheit. Personen, die erfahren, dass sie eine Hausarbeit schreiben müssen, werden anfällig und durch die Erkenntnis mit den Studeo-Viren infiziert. Die Erreger gehören der Familie der Universitas-Viren an. Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) beträgt somit meist mehrere Monate, da am Anfang eines Semesters verkündet wird, ob eine Hausarbeit abzufassen ist. Der Ausbruch der Krankheit variiert je nach Schweregrad der anstehenden Arbeit. Bei komplizierteren Aufgaben (z.B. benotete Proseminar- oder Hauptseminararbeiten, die in den Endschnitt zählen und dazu einen Abgabetermin aufweisen) kommt es häufig schon zu Beginn der Recherchen zu ersten leichteren Symptomen, die sich im Laufe der Zeit immer mehr verschlimmern können. Weniger diffizile Arbeiten, bei denen weniger Druck auf dem Verfasser liegt (etwa unbenotete Essays ohne Deadline), fördern einen länger aufrecht erhaltenen Gesundheitszustand. Die Erkrankung geht entweder spurlos an der betreffenden Person vorüber oder bricht vorrangig bei ehrgeizigen Studenten erst recht spät gegen Ende der Aufgabe aus. Die Übertragung von Mensch zu Mensch geschieht durch gegenseitiges Volljammern.

Studeo-Virus: Symptomatik und drei Krankheitsstadien

Lektorat von Stephanie Pauli

Die Symptome erweisen sich als äußerst vielfältig und können leicht mit denen anderer Erkrankungen verwechselt werden. Betroffen sind sowohl Körper als auch Geist. Ganz allgemein kann das Hausarbeitensyndrom in drei Stadien unterteilt werden, die fließend ineinander übergehen.

Primärstadium

Das Primärstadium verläuft relativ unspektakulär und weist noch keine einschneidenden und belastenden Krankheitszeichen auf: Den Patienten plagt lediglich eine chronische Unlust, die vor allem seine Hausarbeit anbelangt. Immer, wenn er sich an den Schreibtisch setzt und mit der Arbeit beginnen will, überkommt ihn ein seltsames Gefühl. Er muss aufstehen und Dinge erledigen, die er sonst nie oder nicht in diesem Ausmaße machen würde: Fenster putzen, Staubsaugen, auf einmal Sport treiben, mit dem Hund spazieren gehen oder die Katze bürsten bis sich kein einziges loses Haar mehr auf ihrem Körper befindet und sie immer deutlichere Anstalten macht, fliehen zu wollen. Oder er trifft sich vermehrt mit seinen Freunden. Der Patient versucht sich zudem selbst durch auffällig vermehrtes Benutzen diverser Messenger oder einen Daueronlinestatus bei sozialen Netzwerken von der Arbeit abzulenken. Verstärkte Besuche von Foren oder allgemeines Surfen sind ein ebenso untrügerisches Anzeichen für die Krankheit. Dadurch ergibt sich ein schlechtes Gewissen, was die Hausarbeit anbelangt: Der Erkrankte gerät in einen Teufelskreis, aus dem es nur einen Ausweg gibt – er muss den inneren Schweinehund und die chronische Unlust überwinden, indem er mit der Hausarbeit beginnt und darüber sitzen bleibt.

Sekundärstadium

Hat sich der Erkrankte überwunden, mit der Arbeit zu beginnen, tritt mit Aufkommen des Sisyphus-Effekts das Sekundärstadium der Morbus studiosi ein. Der Sisyphus-Effekt ist auf die gleichnamige Figur der griechischen Mythologie zurückzuführen: Sisyphus wurde für alle Ewigkeit als Strafe für verschiedene Vergehen (z.B. Verrat an den Göttern) dazu verdammt, einen Felsblock einen steilen Berg hinaufzurollen. Kurz bevor er das Ende und somit den Gipfel erreicht, entgleitet ihm der Stein und er muss wieder von vorne beginnen. Ähnlich ergeht es auch dem Studenten, der an Morbus studiosi erkrankt ist, nur dass er anstatt eines Felsblocks Wörter transportieren muss. Mit jedem Kapitel fängt die Arbeit, einen guten Einstieg bzw. eine passende Überleitung und Interpretation zu finden, von Neuem an. Während dieser zweiten Phase der Krankheit kommt es häufig auch zu auffälligen Persönlichkeitsveränderungen des Patienten: Er kann (aufgrund des Sisyphus-Effekts) melancholisch, aber auch leicht reizbar, nervös, unruhig, ungeduldig, aggressiv oder dünnhäutig sein. Einige Erkrankte ziehen sich sogar von der Außenwelt zurück. Oftmals genügt nur ein falsches Wort, um den am Hausarbeitensyndrom Erkrankten in Rage zu versetzen. Dabei kann er ausrasten und seine Umgebung beschimpfen oder er antwortet nicht oder nur spärlich. Weibliche Patienten neigen in diesem Stadium vermehrt dazu, zickig zu werden und Überreaktionen zu zeigen. Aus diesem Grund können Tränendrüsen zu dieser Zeit durch verstärkte Weinerlichkeit mehr als üblich arbeiten. Desweiteren plagt den Patienten eine üble Schlaflosigkeit. Er wälzt sich von Seite zu Seite und kann einfach nicht einschlafen, obwohl er unheimlich müde ist. Es helfen weder Schäfchen zählen noch Erinnerungen an langweilige Erdkundestunden in der Schule. Die Schlaflosigkeit bedingt eine Müdigkeit am Tage, die zur schlechten psychischen Verfassung des Patienten beitragen kann.

Tertiärstadium

Begleiten allerhand körperliche Symptome die geistigen Aussetzer, hat das Tertiärstadium eingesetzt, welches typbedingte individuelle Ausprägungen aufweist. Anfällige Personen bekommen nicht selten Probleme mit dem Verdauungstrakt. Sie fangen bei Appetitlosigkeit an und münden in Magenschmerzen, Sodbrennen sowie Übelkeit. Achtung ist geboten: Der Reizmagen kann die Entstehung einer Gastritis (Magenschleimhautentzündung) begünstigen. Durch Schlafmangel und verminderte Nahrungszufuhr kann als Begleiterscheinung ein Gefühl der Abgeschlagenheit und des allgemeinen Unwohlseins auftreten. Eine andere Ausprägung der Studentenkrankheit zeigt sich nicht in vermindertem, sondern in vermehrtem Essen und einem starken Hang nach Süßem. Diese Symptome machen sich typbedingt auf der Waage entweder durch Gewichtsab- oder –zunahme bemerkbar. Daneben sind Kopf- und Augenschmerzen, zudem auch Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule und Schultern äußerst häufig. In seltenen Fällen können Schmerzen am Ischiasnerv auftreten. Die Augen tun nicht nur weh, sie sind auch gereizt und trocken. Weiterhin kann sich das Sehvermögen bei einigen Patienten kurzzeitig verringern: Sie klagen über einen unscharfen Blick. Zudem machen Gelenke Probleme: Ellenbogen schmerzen durch vermehrtes Aufstützen, manchmal sind auch die Handgelenke von Überlastung geprägt, Bewegungen werden unangenehm. Außerdem befällt die Studentenkrankheit die Haut: Pickel und allgemeine Unebenheiten und Hautreizungen können auftreten. Einige Patienten beklagen einen juckenden Ausschlag mit winzigen Pickelchen. Der Teint hat generell zu leiden: Das Gesicht weist eine „Bildschirmbräune“ auf und wirkt blass. Augenringe können olympische Ausmaße annehmen. Durch den Stress bedingt kann das körpereigene Immunsystem Lücken entwickeln, wodurch Infekte (z.B. Schnupfen) leichter angreifen können.

Diagnose und Therapie

Die Diagnose erfolgt durch Beobachtung des Gesamtzustandes in Abgleichung mit den anstehenden Arbeiten, d.h. weist ein Patient mehrere Symptome dieser Art auf und hat er eine oder mehrere Hausarbeiten zu schreiben, so ist es offensichtlich, dass er an Morbus studiosi erkrankt ist.

Eine Behandlung der Krankheit erfolgt durch die Verordnung geeigneter Entspannungsübungen (z.B. Yoga) und Bewegung an der frischen Luft (Schwimmen, Laufen) in Maßen. Im Tertiärstadium kann ein gestörter Magen durch die Gabe von magensäurebindenden Medikamenten oder Tropfen gegen Reizmagen unterstützt werden. Eine Impfung gegen die Infizierung durch das Hausarbeitensyndrom ist nicht möglich.

Die Krankheit ist nicht gefährlich, die Prognose daher sehr gut. In einigen Fällen kommen nicht alle Stadien der Morbus studiosi zum Zug und eine baldige Genesung ist gewährleistet. Häufig geschieht eine Spontanheilung mit Ablieferung der Hausarbeit im Sekretariat. Bei stärkerer bis voller Ausprägung der Krankheit tritt die Rekonvaleszenz etwa 3-4 Tage nach Abgabe der Hausarbeit ein, hat sich der Patient ein anderen Infekt eingefangen, so verlängert sich die Dauer um ein paar Tage.

Korrekturarbeiten durch SLP Texting

Im Endstadium Ihrer Seminar-, Abschluss- oder Facharbeit kann ich Ihnen unter die Arme greifen: Auf Wunsch können Sie Ihre Texte bei mir ins Lektorat geben. Ich werde sie aufmerksam durchlesen, Schreib- und Ausdrucksfehler korrigieren sowie Ihnen Tipps geben. Dies gilt natürlich auch für andere Texte. 

Sollten Sie einen Ratschlag brauchen, wie eine logische Gliederung Ihres Textes erfolgen kann, so stehe ich Ihnen auch hier beratend zur Seite. Keine Sorge – wir kriegen das schon hin und schlagen dem Studeo-Virus ein Schnippchen!

Quelle Titelbild: Pixabay
Quelle Studeo-Virus: Zeichnung von Stephanie Pauli